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Das Peter und Paul Fest

Kurzer geschichtlicher Abriss

Sailer schreibt in der Einführung seines Buches:

"Die Stadt Bretten streift jedes Jahr am ersten Juli-Wochenende ihr Festgewand über, um das Geschehen anno 1504, ein entscheidendes Kapitel in der Stadtgeschichte, wach zu halten und vorzustellen. Damals zog Herzog Ulrich von Württemberg während des bayrisch-pfälzischen Erbfolgekrieges mit einer 20.000 Mann starken Streitmacht vor die kurpfälzische Amtsstadt Bretten, um sie in seine Gewalt zu bringen. Nach vierzehn Tagen Belagerung unter schwerstem Beschuss machte die Besatzung der Stadt mit Hilfe kurpfälzischer Landsknechte am Tage "Peter und Paul" einen erfolgreichen Ausfall. Die Schanzen wurden gestürmt, Geschütze und Kriegsgerät zum größten Teil zerstört. Herzog Ulrich musste die Belagerung aufgeben. Die Stadt war frei. An dieses geschichtliche Ereignis erinnert das Peter-und-Paul-Fest." ( Sailer 1990, 3 )

Dieser geschichtliche Vorgang, der in der sogenannten „Schwarzerdt`schen Chronik“ schriftlich belegt ist, gab dem alljährlichen Fest seinen Namen. Die Ursprünge dieses Volksfestes gehen aber auf zwei ältere Brauchtümer zurück: dem Freischießen und dem Schäferlauf.

Bei ersterem ging es um die Ermittlung des Schützenkönigs. Zu diesen in Form von Volksfesten abgehaltenen Wettschießen luden sich die verschiedenen Schützenvereine gegenseitig ein. Jeder Teilnehmer am Wettbewerb musste eine Antrittsgebühr entrichten, es gab Geld- und Sachpreise zu gewinnen. Die ganze Stadt feierte mit und nutzte die Gelegenheit zu Tanz und Ausgelassenheit.

Auch der Schäferlauf ist ein historisch belegter Wettbewerb. Wie der Name schon verrät, liefen die schnellsten Männer und Frauen jeweils ein Rennen und ermittelten den Sieger unter sich, denn: "Will ein Schäfer seine Herde beieinander halten, muss er mindestens so schnell laufen können wie ein flüchtendes Schaf...Nur der schnellste Schäfer bekam einen Hammel als Preis, auf die flinkeste Schäferin warteten bunte Tücher. Schäferlauf oder Schäfersprung waren aber nicht nur verbissener Wettkampf, immer gehörten auch Tanz und Musik dazu, gutes Essen und Trinken. Die Brettener Schäferzunft hielt ihr Fest alljährlich im August ab, dazu kamen die Schäfer aus naher und ferner Umgebung." ( Martin 1988, 55)

Zunächst wurden diese Stadtfeste einzeln gefeiert. Unter anderem zwangen wirtschaftliche Gründe im Laufe der Zeit zu einer einzigen gemeinsamen großen Feier. Verschiedene Urkunden, Einladungsschreiben an andere Schützenvereine u.v.m. belegen durch die Jahrhunderte das Fortbestehen des Festes.

Traditionen überdauern vieles, so auch die Revolutionsjahre 1848 / 49, als das Fest von staatlicher Seite verboten wurde ( ausgehend vom Verbot bewaffneter Volksmilizen und Bürgerwehren ); das Freischießen wurde kurzzeitig zu einem Kinderfest.

Der Erste Weltkrieg bedeutete das Ende des Schützenvereins und des Volksfestes. Der Kraichgau gehörte zur entmilitarisierten Zone. Die Entbehrungen des Krieges und die finanzielle Not ließen keine Gedanken an eine Feier aufkommen. So dauerte es bis 1923, bis sich der „Kleinkaliber-Schützenverein Bretten“ neu formierte. Die neuere Festgeschichte ist mit dieser Vereinsgründung untrennbar verknüpft. Als treibende Kraft organisierte der Verein die Zusammenarbeit anderer Gruppierungen und der Stadt, so dass 1924 wieder an die Tradition des Peter-und-Paul-Festes angeknüpft wurde.

Interessant nachzulesen ist, dass sich das Fest nicht in den demagogischen Fängen der Propaganda des Dritten Reiches verfing, sich nicht für die vaterländische Vereinheitlichung hergab. Der Zweite Weltkrieg und die anschließende Besatzung, Entmilitarisierung und die strikten Verbote von Vereinen, etc. beendeten bis ins Jahr 1949 jegliche Bemühungen um eine Fortführung der Festtradition. Mit der Verabschiedung des Grundgesetzes 1949 kam es auch zu einer Lockerung der ausgesprochenen Verbote. Mit einer Denkschrift versuchte die Stadtverwaltung von Bretten der amerikanischen Militärregierung den friedlichen Charakter des Festes nahe zu bringen und eine Genehmigung für die neuerliche Durchführung zu erreichen. Diese Genehmigung wurde erteilt, und seit 1950 findet das Peter-und-Paul-Fest am ersten Juli-Wochenende im Jahr statt.

Heutiges Erscheinungsbild des Festes

Das Peter-und-Paul-Fest hat sich zu einem der größten mittelalterlichen Volksfeste im deutschsprachigen Südwesten entwickelt. Als Publikumsmagnet erreichte es in den letzten Jahren eine Besucherzahl von über 50.000 Menschen allein beim Festzug am Sonntag Mittag. Die Vereinigung „Alt Brettheim“ als Ausrichter des Festes ist das ganze Jahr über aktiv an der Vor- und Nachbereitung und Durchführung des viertägigen Spektakels tätig.

Bereits in der Woche vor dem Fest beginnt mit der Sperrung der Innenstadt die intensive Aufbauphase. An verschiedenen Stellen werden hölzerne Stadttore errichtet, der spätere Zugang zum Bereich des mittelalterlichen Festgeländes. Auf dem Marktplatz entsteht eine große Festbühne, auf der im Verlauf der Festtage zahlreiche Programmpunkte stattfinden. Einzelne Gasthäuser und Bierschenken beginnen mit dem Errichten und Schmücken ihrer mittelalterlich anmutenden Schanktresen auf der Strasse vor dem jeweiligen Lokal. Die größeren Gruppierungen, beispielsweise die „Stadtwache“ oder die „Schäfergruppe“ bauen eifrig an ihren Lagern, Stallungen und Verkaufsbuden. Die übrigen Geschäfte des Einzelhandels, die nicht direkt am Verkauf über das Fest beteiligt sind, dekorieren ihre Schaufenster dem Thema entsprechend. Die Verantwortlichen der Vereinigung „Alt Brettheim“ starten mit der Ausgabe der Kostüme und Gegenstände aus dem großen Fundus.

Auf einem weitläufigen innerstädtischen Parkplatz beginnen die Schausteller mit dem Errichten ihrer Autoscooter und sonstigen Fahrbetriebe. Dieses eigentlich zum Anlass unpassende Volksfest hat seinen zwar vom übrigen Geschehen getrennten, aber doch festen Platz in der Gesamtveranstaltung: "Der Vergnügungspark ist eine der Haupteinnahmequellen und für die Finanzierung des Festes von erheblicher Bedeutung. Die Verträge werden zu Jahresbeginn abgeschlossen; die Standgebühren sind nicht gerade niedrig, aber unter Schaustellerkreisen zählt das Peter-und-Paul-Fest zu den renommierten und bestfrequentierten Festen Süddeutschlands." ( Sailer 1990, 49 )

Am Freitag beginnt das eigentliche Fest in den Nachmittagsstunden. Die einzelnen historischen Gruppen haben noch die letzten Vorbereitungen abschließen können, in den Lagern werden die letzten Handgriffe getan, um dem Besucherandrang gewachsen zu sein. Viele fliegende Händler, aber auch auswärtige Gruppen oder Handwerker sind in den letzten Stunden eingetroffen. So ist der Freitag Abend in der mittelalterlichen Altstadt immer auch ein Ort des Wiedersehens, man trifft sich zum Austausch, Gespräch, zum Knüpfen neuer Kontakte und zur gemeinsamen Feier. Aber auch auf dem Marktplatz werden die ersten Großszenen gezeigt und so an die Chronik der Ereignisse 1504 angeknüpft. Schließlich wurde die Stadt belagert und stand im Mittelpunkt kriegerischer Auseinandersetzungen. Für den frühen Besucher bietet dieser Abend ideale Bedingungen, um sich auf eine interessante und vielseitige Tour durch eine greifbare lebendige Geschichtsdarstellung zu machen.

Der Samstag und Sonntag steht ganz im Dienste der Zuschauer und Besucher. An jeder Ecke, in jedem Lager, auf jedem Platz gibt es Programmpunkte. Gaukler, Jongleure und Spielleute wechseln sich ab mit kriegerischen Darstellungen der Landsknechte, einer mittelalterlichen Gerichtsverhandlung, dem Auftritt des Scharfrichters und den Fahnenschwingern. An den Ständen können Gegenstände aller Art erworben werden, in einer Gasse bestaunt der Besucher die Fertigkeiten der mittelalterlichen Handwerkergruppen genauso, wie er sich Rat und Mixtur von verschiedenen Quacksalbern erkaufen kann und bettelnde Zigeunerkinder mit reichlich Münzen ruhig zu stellen versucht. Um sich sein Tagesprogramm besser zusammenstellen zu können und einen Überblick über die Vielzahl an Gruppen und Lagern zu behalten, verteilt die Vereinigung „Alt Brettheim“ im Voraus Übersichtspläne der Stadt und der Ereignisse. Auch auf dem Marktplatz geht die Darstellung der überlieferten Ereignisse um Brettheim weiter. Die großen Szenen vom Leben und den Kriegswirren in der Stadt werden anschaulich kommentiert.

Höhepunkt des Festes ist der Peter-und-Paul-Umzug am Sonntag Mittag, der die über achzig unterschiedlichen historischen Gruppen in voller Ausrüstung an den Zuschauermassen vorbei durch die ganze Stadt führt.

Steht der Rest des Tages und nächtliches Feuerwerk und Tanz ganz im Zeichen des Feierns, so gehört der Montag traditionell den Kindern. Dieser Tag ist in Bretten ein beweglicher Ferientag. Die ortsansässigen Vereine und Gruppen betreuen in der Form einer „Knappenprüfung“ verschiedene Stationen, an denen von den Kindern unterschiedliche Aufgaben erledigt, bzw. gelöst werden müssen. Nach Absolvierung der Station erhält das Kind einen Stempel auf seinen Laufzettel und wird zur nächsten Gruppe geschickt. Das Ende seiner Bemühungen bildet der „Ritterschlag“ durch Gewand- und Waffenträger aus den Landsknechtgruppen auf der Hauptbühne. Jedes Kind erhält einen Orden und eine Urkunde und wird in den Ritterstand erhoben.

Gegen Abend sind die meisten Stände bereits abgebaut, die auswärtigen Gäste abgereist. Ein letztes mal sorgen die Spielleute für ausgelassene Stimmung auf dem Kirchplatz und ganz allmählich kehrt wieder Ruhe in die Altstadt ein.